ich habe zwar keine Ahnung von Fußball, aber das 1:0 im Spiel Frankfurt-München war doch ganz gut oder? So schön aus der Rückwärtslage in das Eck. Schade, dass die Kameras das nicht so ganz optimal aufgefangen haben, weil es wohl selbst für geübte Augen so schnell ging. Auch Kahn ist ja eigentlich erst losgerannt, als das Ding schon drin war. Dabei weiß ich von einer Dokumentation, dass eine von Kahns größter (ehemaligen?) Stärke die Antizipation ist. Er kann also so gut wie kaum ein anderer Torwart aus der gegenwärtigen Spielsituation die wahrscheinlichste zukünftige vorausahnen und sich entsprechend vorbereiten. Er gewinnt dabei im Idealfall ganze zehntel Sekunden, die zwischen Ball halten und Tor kassieren natürlich maßgeblich sind.
Bei diesem Tor gab es aber wahrscheinlich nichts zu antizipieren. Vielleicht war es einfach nur ein Glücksding. Muss es auch geben. Das dumme ist nur, dass es das einzige Tor war. Und so weiß jetzt wahrscheinlich niemand, welche der beiden Mannschaften wirklich besser war. Ich finde das ziemlich mager. Da kommt eine Mannschaft aus dem tiefsten Bayern nach Hessen gefahren, Tausende Schlachtenbummler begeben sich ins Stadion, die Fernsehsender streiten sich regelrecht um die Übertragungsrechte, an den Fernsehern sitzen gebannt die Enthusiasten aber das Spiel kann systembedingt auch mal für die schwächere Mannschaft den Sieg bringen? Was ist so toll an dieser Sportart? Vielleicht genau dieser Umstand? Das Glücksmoment darin?
Als ich die vielen Frankfurt-Fans jubeln sah, habe ich mich jedenfalls gefragt, wo die wohl alle gewesen wären, wenn jedes Fussballspiel mit viel höherer Wahrscheinlichkeit auch von der besseren Mannschaft gewonnen würde. Zwar haben sie immerhin seit den Achtzigern in jedem Heimspiel gegen Bayern-München nicht gewinnen können, aber es gab ja immernoch das Glücksmoment. Das konnte ja auch für ein Unentschieden sorgen, was dem einen oder anderen wie ein Sieg vorgekommen sein muss. Aber ist das nicht alles etwas arm?
Ich würde all diesen Enthusiasmus für diese Bundesliga ja verstehen, wenn jeder Bayern-München-Spieler aus München oder der näheren Umgebung käme und jeder Frankfurt-Spieler eben aus Frankfurt. Dann hätten die Münchner Fans wenigstens etwas mit den Spielern gemein, so unbedeutend das auch sein mag, schließlich irgendwo herkommen zu müssen.
Aber die Spieler kommen von irgendwoher, wechseln von hier nach dort, werden eingekauft, werden abgelöst, eingetauscht, verkauft, verhökert, verbraten, im Stich gelassen, hochgejubelt, ausgelutscht, geschont, zusammengeflickt, geschmiert, verraten und abermals verkauft oder sonstwas.
Und so gesellt sich zu der Komponente des Glücksmomentes noch ein weiterer unsportlicher Aspekt hinzu: Das Management.
Der auf Lokalpatriotismus abzielende weil auf Örtlichkeiten bezogene Vereinsname ist doch eigentlich nur ein bloßes Logo einer international agierenden Firma. Wo wäre wohl all der Enthusiasmus der Fans, wenn die Vereine gezwungen würden, sich allesamt neutrale Firmennamen wie "XYZ AG" oder "ABC GmbH & Co. KG" oder einfach nur Nummern wie die Spieler zulegen müßten? Faktisch steckt ja nicht mehr dahinter.
Dann hätte das Spiel Frankfurt gegen München vielleicht 14 gegen 38 gehießen.
Ob es dann wohl immernoch so viele 38er Fans gäbe, wie heutzutage Bayern-München Fans? Oder würde das den Blick dann schon allzusehr darauf richten, dass hier eigentlich nur das Geld und das Management der Firma 38 gegen das der Firma 14 antritt?
Wie wäre es wohl, wenn man etwa 1000 Spielwürfel herstellte, die alle nicht ganz sauber sind. Manche von ihnen würfeln viel zu oft die 4, andere mehr die 6, manche fast ausschließlich (teuer), andere nur tendenziell (billig). All diese Spielwürfel werden nun an ein paar Interessierte Manager versteigert. Am Ende spielen sie mit ihren Würfeln "Mensch ärgere Dich nicht". Jeder Manager kann zu jeder Zeit frei entscheiden, welchen seiner Würfel er wirft. Das ganze wird live im Fernsehen übertragen. Das wäre doch wie Fußball. Es geht um Geld, wer damit am effektivsten haushalten kann und um Ware, die entweder erfolgsversprechend und damit teuer oder eben nicht so besonders und damit günstig ist.
Wenn ein solch ausgesprochener Müll (also eigentlich ganz erfolgsversprechend) jemals regelmäßige Zuschauer hätte, was würden die wohl tun? Wären die meist nur Fans der Sendung, oder eher Fans eines der Manager, oder sogar Fans bestimmter Würfel?
Das frage ich mich immer, wenn ich so tolle Tore sehe.