Angestellte entlassen, Büros geschlossen - Zynga, das Vorzeigeunternehmen in Sachen Free2Play, ist angeschlagen. Noch im letzten Jahr strotzte der Entwickler von FarmVille, CityVille und The Ville nur so vor Kraft mit einem Börsengang und unfassbar hohen Umsatzzahlen. Heute ist die Aktie für 2,22 Dollar zu haben. Im August spielten noch 51 Millionen aktive Nutzer "The Ville", jetzt sind es 17,5 Mio.
Was ist passiert?
Benebelt von Zyngas Erfolg sprangen etablierte Spielefirmen auf den Zug auf. Mit höherer Anzahl an angebotenen Spielen stieg die Popularität von F2P noch etwas an, aber mittlerweile wächst der Kuchen der potentiellen F2P-Spieler nicht mehr. Die Branche teilt sich diesen Kuchen in immer kleiner werdende Stücke auf. Wer jetzt in diesem stark umkämpften Markt einsteigt, geht ein hohes Risiko ein, seine Investitionen nicht mehr einspielen zu können.
Die Branche glaubt dennoch bis heute, dass man nur irgendein Spiel mit Suchtpotential auf den Markt werfen braucht und dann nichts weiter tun müsse, als zu lauschen, wie die Kasse klingelt. Beschwerden über Bugs, Cheater und Hacker bleiben ungehört, so lange die Kasse noch einen Ticken lauter klingelt. Der Entwicklerstab widmet sich ohnehin schon dem nächsten F2P-Game, weil man dem Irrglauben aufsitzt, dass zwei F2P-Games gleich doppelte Kasse bedeutet.
Die hochgepriesenen "Inhalte" die sich der Spieler kaufen kann, sind in den meisten Fällen garkeine. Es geht hier nicht etwa darum, ein gutes Spiel durch 99 cent noch viel schöner zu machen, oder es sich schrittweise zusammenzukaufen. Nein, meist es geht darum, künstlich eingebaute Tätigkeiten der stupidesten Natur wie etwa das täglich notwendige Bepflanzen von irgendwelchen Feldern über Monate hinweg mit Hilfe von realem Geld zu überspringen, um endlich auch nur einen winzig kleinen Schritt im Game voranzukommen. Für den Hersteller macht es keinen Unterschied, ob die Spieler zahlen, weil sie aus ihrer Sicht etwas spielerisch wertvolles erwerben, oder zähneknirschend zahlen um schwachsinnige Nervereien zu umgehen.
Dabei ist es genau dieses Zähneknirschen der Spieler, das mittlerweile das Ende des F2P-Booms eingeläutet hat. Wer noch vor einem Jahr Geld dafür bezahlt hat, damit er nicht abermillionen stumpfsinnige Klicks ausführen muss, hat das damals nur getan, weil er davon bis dahin nichts ahnte und schließlich schon einige Zeit in das Spiel investierte. Heute jedoch fängt er ein F2P-Spiel an und ahnt gleich an jeder Ecke, welche Kröten er wohl demnächst zu schlucken hat, um überhaupt Spaß am Spiel haben zu können.
Mittlerweile müssen die Spieler sogar jederzeit damit rechnen, dass ihr Lieblings-F2P-Game demnächst ganz in der Versenkung verschwindet. Mitsamt den jahrelang liebevoll gepflegten Beeten, Burgen, Krankenhäusern und was es da sonst noch so für Schwachsinn gibt.
Gespielt wird deshalb nur noch bis zu dem Punkt, an dem die ersten Cents fällig wären. Ab diesem Punkt schaut man sich ersteinmal um, was das immer größer werdende F2P-Angebot so neues bietet...
Entsprechend ist es nicht verwunderlich, dass die Industrie heute nur noch die Zahlen der "aktiven Spieler" nennt. Dass es sich bei einem großen Teil davon schlichtweg um mehrfach gezählte F2P-Nomaden handelt die sich lieber einen Knopf an die Backe nähen würden als auch nur einen müden Cent zu bezahlen, wird da gerne verschwiegen. Über die Zahl der wirklich zahlenden Spieler hängt mittlerweile ein erstaunlich dicker Mantel des Schweigens. Und das, obwohl man sich doch als Aktienunternehmen damit brüsten müsste und das ja noch vor einem Jahr ausgiebig tat.
Wer unter diesen Vorzeichen (wie etwa Herr Guillemot) tatsächlich glaubt, dass der F2P-Markt nicht nur etwa eine Zukunft hat, nein dass er gleich eine völlig neue Ära einläutet und die klassischen Kaufspiele ablösen wird, der hat eine Menge Probleme. Wer dann auch noch Marken mit lokal begrenztem Bekanntheitsgrad als F2P etablieren möchte, dem kann man nur noch zum Abschied leise Servus sagen.
Und wir reden hierbei nicht um einen lokalen Markt wie etwa USA oder China oder Indien. Nein wir reden schließlich über den deutschsprachigen Markt. Ja, genau der, der heute immernoch nicht im Supermarkt mit Kreditkarte, sondern bar bezahlt. Der Markt, der seit Äonen von der restlichen Welt im Internet abgezockt wurde und mittlerweile nicht mal mehr bereit ist irgendwo auch nur den Vornamen in ein Eingabefeld zu tippen. Der soll jetzt plötzlich mitten im Spiel sein Handy zücken oder per PayPal irgendeinen imaginären Nonsense zahlen? Na sicher doch.
Eher greift der in seinen Geldbeutel, kauft sich eine Tüte Chips und sieht Anlein-Onno beim verschimmeln zu.