Als "Silvesterkind" denke ich, hier meinen nicht verleugbaren Anteil an der Diskussion beitragen zu können. Stigmatisiert von dem Geburtsdatum wie ich bin, kann ich natürlich auch meine Erfahrungen kundtun.
Zuerst eines: ich war ein Böllerkind. Obwohl ich Krach nicht leiden kann. Mir ging ja schon meine ital. Sippschaft auf den Keks, wenn die laut miteinander redete. Oder laute Musik. Furchtbar geräuschsempfindlich. Bin das eigentlich auch heute noch. Vielleicht traumatische Erfahrungen als Neugeborenes, bereits am ersten Tag auf diesem verdammten Planeten sich das Gedröhn draußen anzuhören müssen.
Ich schweife ab.
Komischerweise erfreute mich schon früh der Anblick von knispig-flimmrigen Lunten, dazu verheißungsvolles Zischen, gepaart mit anschließendem Knallen, oder gar aufsteigenden heulenden Geschoss, schlussendlich mündend in buntes Feuerwerk am Himmel oder am Boden. Hauptsache, es gab Sinneseindrücke im Bezug aufs Schauen (Feuer/Lichter) Hören (BÄÄÄÄÄNG) und Riechen (feiner, hinterlassener Brandgeruch).
Raketen habe ich als Kind schon angezündet, mit 6 auf jeden Fall. Böller eher mit 8, das durchgehend so bis... 14, 15, 16 vermute ich. Das gehört - meiner Meinung nach - dazu, Junge zu sein. Wo kämen wir dahin, wenn wir mit Lametta, Luftschlangen und rosa Puscheln würfen. Oder Wattestoffteilchen. Männer wollen doch immer Feuer. Das fängt schon in der Prähistorie an. In gewisser Weise ist "Grillen" auch so ein Ritual. Man erfreut sich eben an einem Schein, den man selbst erreicht hat. Funken. Lichter. Feuer. Flammen.
Brennende Gebäude im Hintergrund, Kreischen, Verwüstung und eine riesige Echse die brüllend durch die Innenstadt Tokios stapft.
Das Ritual als solches ist daher ganz normal. Auch bei jüngeren Menschen. Die Faszination ist generationenübergreifend.
NEU hingegen ist eine gewisse Rücksichtlosigkeit. Als ehemaliger Hundehalter (ich verweise auf einen edlen, toten Riesenschnauzer) war mir auch stets der Feuerwerke Nachhall auf Tiere bewusst. Ich persönlich kenne keinen Hund, an dem der Silvesterabend spurlos vorbeigeht. Mein Hund bibberte manchmal noch am nächsten Morgen. Ich beobachte in den letzten Jahren häufiger, dass "Deppenkinder" (bei Menschen mit Migrationshintergrund ist man meist bis 18 Kind) sich einen besonderen Spaß daraus machen, solcherlei Geräte in die Richtung von Tieren (Hund/Katze) oder gar Menschen zu werfen.
Ich könnte jetzt eine weitreichende Diskussion im Bezug auf die Ambivalenz zwischen der zunehmenden Hedonie und abnehmenden Wertegemeinschaft im menschlichen Moralkodex hinweisen (Spaß = wichtiger als Andere, also werfe ich nen Böller, um zu schauen, was daraus wird
), das unterlasse ich aber, und wende mich direkt und explizit an Moby, da ich immer noch ein mentaler Kreuzritter bin.
LIEBE MOBY
Hast du für solche Fälle schon einmal von der Heiligen Handgranate von Antiochia gehört?